Hier ist das Glück inklusive - in einem neuen Buch erzählen 37 Menschen aus den Landkreisen Harburg und Lüneburg aus ihrem Leben mit Behinderung.
Ein Projekt von Dagmar Pitters, Carolin George und Mathias Mensch.
Als der Sohn von Michael Böhm auf die Welt kam, war er gesund. Mit fünf Jahren fiel der Junge plötzlich ins Koma und wachte nicht wieder auf. „Auf einmal war die Unbeschwertheit weg“, erinnert sich Michael Böhm. Alexander hatte einen Gehirntumor, von dem niemand etwas wusste. Heute ist Alexander Böhm 47 Jahre alt und lebt in einem inklusiven Wohnhaus der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg. Seine Geschichte erzählt Michael Böhm jetzt in einem Buch, gemeinsam mit 36 anderen Menschen.
„Heute gehe ich gestärkt daraus hervor“, sagt Michael Böhm. „Aber damals war ich verzweifelt.“ Wie er mit seiner Familie den Weg aus dieser Krise fand, darum geht es in dem Buch. Es heißt „Glück inklusive – Unser Leben mit Behinderung“ und ist am 25. Oktober 2024 im Lüneburger von-Stern-Verlag erschienen.
„Wir wollen die Menschen berühren und ihre Herzen erreichen“, sagt Dagmar Pitters, Vorsitzende des Vereins Lebenshilfe Lüneburg e. V. und Ideengeberin des Projekts. Sie möchte über das Buch mit Menschen ins Gespräch kommen. „Hier wird niemand in einer Opferrolle dargestellt. Alle hier haben eine Krise erlebt. Aber am Ende geht es immer darum, wie sie trotz der Krise das Glück gefunden haben, oder vielleicht sogar gerade deshalb. Vor Krisen ist ja niemand von uns gefeit: ob das eine Krankheit ist oder ein Unfall. Irgendwann im Leben werden wir alle mit etwas konfrontiert, das wir uns so nicht ausgesucht hätten.“
Pitters hat das Projekt gemeinsam mit Ellen Kühn, Vorsitzende des Vereins Lebenshilfe Landkreis Harburg initiiert. „Wir möchten die Gesellschaft aufwecken“, sagt Kühn. „Mit diesem Buch zeigen wir, wie lebenswert ein Leben mit Behinderung ist und wie reich und beglückend es sein kann. Ich hoffe, dass wir zu einem Perspektivwechsel beitragen können: weg vom Defizitären hin zum Bereichernden.“
37 Menschen mit und ohne geistige Behinderung aus den Landkreisen Harburg und Lüneburg erzählen in dem Buch aus ihrem Leben, vom Jugendlichen bis zur Seniorin. Eine von ihnen ist Margret von Alm, ihre Tochter kam 1968 mit einer geistigen Behinderung zur Welt. Die Mutter hat ihre Tochter allein großgezogen und ist seit fast 50 Jahren Mitglied im Verein Lebenshilfe. „Ohne die Lebenshilfe wäre ich sehr einsam gewesen“, sagt die 84-Jährige. „Ich bekam stets mehr zurück als ich eingebracht habe.“
Thorsten Seiffart und Sandra Schmidt arbeiten in der Werkstatt der Lebenshilfe in Lüneburg und leben gemeinsam in einer Wohngemeinschaft der Lebenshilfe. Sandra Schmidt arbeitet seit 24 Jahren in der Motronik und möchte dort auch nicht weg, wie sie im Buch erzählt: „Hier kenne ich alles. Mir wird nicht langweilig, ich habe ja Abwechslung.“ Ihr Freund Thorsten Seiffart hofft, dass das Buch „viel gesehen wird“. Denn: „Ich find’s geil.“
Verleger Christian von Stern sagt: „Dieses Buch verschweigt ganz bewusst nicht die Härten, das macht es so authentisch. Es lässt uns teilhaben an diesen Lebensgeschichten und zeigt uns Perspektiven auf. Alle Geschichten kommen zu einem positiven Schluss.“
Das soll auch der zentrale Kern des Buches sein, so Fotograf Mathias Mensch: „Wir wollen Hoffnung machen. Wir zeigen Jüngere und Ältere, Mütter und Väter, Geschwister, Menschen aus den Werkstätten. In diesen Geschichten kann sich jeder wiederfinden.“
Die Texte sind aus der Perspektive der jeweils Erzählenden geschrieben, verfasst hat sie die Journalistin und Autorin Carolin George. „Diese Geschichten ermöglichen es uns, hinter die Fassaden zu blicken und zu sehen, wie unterschiedlich das Leben sein kann.“
Wer die Texte lieber hört als liest, kann einen QR-Code einscannen und sie sich vorlesen lassen.
Das Buch entstand mit finanzieller Unterstützung zahlreicher Sponsor*innen. Über das Buch hinaus planen die Vereine Lebenshilfe Lüneburg und Landkreis Harburg e. V. weitere Projekte wie etwa eine Ausstellung und persönliche Begegnungen. Wer Interesse an einer Lesung oder an anderen direkten Kontakten mit dem Team des Buches und den Beteiligten hat, meldet sich gern per E-Mail unter verein@lebenshilfe-lueneburg.de. Der Verein freut sich außerdem über weitere Unterstützung des Projekts.
Das Buch umfasst 328 Seiten und kostet 29 Euro. Erhältlich ist es im Buchhandel, in den Werkstätten der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg gGmbH und unter: